Kerstin von Klein / Plastiken
Den weitaus größten Raum in der weit gefächerten künstlerischen Arbeit Kerstin von Kleins nimmt die plastische Arbeit ein.
Es sind Figuren, die in unterschiedlichster Größe entstehen, entweder aus unbehandeltem Gips als Einzelstück oder als Bronzeguss in einer Auflage.
Die Figuren, die konkrete Lebenssituationen erfassen, scheinen auf den ersten Blick in ihrer Schlankheit und vorgeblichen Zerbrechlichkeit mit Giacometti verwandt zu sein.
Doch schon bei genauerem Hinsehen erkennt man massive Unterschiede. Die Künstlerin nutzt zwar wie der Meister das Stilmittel der Schlankheit für den stärkeren, den extrovertierten Ausdruck, gibt ihren Figuren aber immer unverhältnismäßige Proportionen mit. Das heißt, sie hebt die Teile des Körpers heraus, die für die gewollte Aussage wichtig sind. Hier wechseln sich die Betonungen von Kopf, Händen und Füßen ab oder werden geballt zusammen verwendet, um den Titel zu unterstreichen.
Durch diese oft grotesk wirkenden Überhöhungen nähern sich die Protagonisten in ihrer Haltung dem Comichaften an, sie veranschaulichen die gewollte Aussage wie dort eher laut als leise.
Als Grundausgang, wie es KvK nennt, ihrer Kunst, sieht die Künstlerin den Wunsch, „menschliche Empfindung in einem Ausdruck einzufrieren“. Der aktuelle Moment ist wichtig, soll festgehalten werden, das Menschenbild, das in unserem Alltagssehen gespeichert ist, wird unwichtig, wenn nicht sogar bewusst beschädigt, um unseren Blick auf das zu richten, was KvK herausstellen möchte.
Hierzu passt, dass die Themenfindung, die auch immer sofort die Titelfindung beinhaltet, eine Sekundenentscheidung ist, intuitiv geschieht, so dass schnell mit der Umsetzung begonnen werden kann.
Das Material, Gips, passt ebenfalls. Es wird, was der Künstlerin wichtig ist, ohne Werkzeug von Hand geformt, es ist schnell zu verarbeiten, es entsteht schnell eine Statur, die sich dann verfeinern lässt.
KvK verarbeitet bei ihren Figuren die Eindrücke ihres Lebens, spricht durch ihre Arbeit und umgeht so die klassischen Mechanismen verbaler Kommunikation. Es wird also exakt das im künstlerischen Wirken angegangen, was ihr in der sprachlichen Kommunikation unzulänglich scheint, mitzuteilen. Sie wirft, wie sie sagt, „das Alleinsein nach außen“ - und erwartet Feedback.
KvK macht für sich die Unerträglichkeit einzelner Lebenssituationen erträglicher, begreifbarer.
Dominik Mülhaupt, Köln 2011